Wichtige Urteile zum tschechischen Erbrecht

21 Cdo 2704/2017

Bedeutung

Das Urteil des Obersten Gerichts der Tschechischen Republik leistet einen bedeutenden Beitrag zur Auslegung des § 476b des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Hinblick auf sprachliche Anforderungen und formale Voraussetzungen eines nicht-handschriftlichen (allographischen) Testaments. Das Gericht bestätigte, dass ein Testament auch in einer anderen als der Muttersprache des Erblassers errichtet werden kann, der Erblasser muss diese Sprache jedoch in dem Maße beherrschen, dass er den Sinn seiner Willenserklärung versteht. Entspricht ein allographisches Testament diesen Anforderungen nicht, ist es nichtig. Die Entscheidung stellt außerdem klar, dass die Anwesenheit von mehr als zwei Zeugen die Gültigkeit eines Testaments nicht beeinträchtigt, sofern diese Zeugen vom Erblasser ausdrücklich hinzugezogen wurden.

Sachverhalt

Der Erblasser, ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland, hinterließ zwei Testamente – ein handschriftliches Testament aus dem Jahr 2003, verfasst in deutscher Sprache, und ein allographisches Testament aus dem Jahr 2008, verfasst in tschechischer Sprache. Das handschriftliche Testament bestimmte seine Verwandten zu Erben, während das allographische Testament sein gesamtes Vermögen seiner Ehefrau H. S. vermachte. Das allographische Testament wurde in einem Hospiz errichtet, in dem sich der Erblasser gegen Ende seines Lebens in stationärer Behandlung befand. Im Testament wurde angegeben, dass es in Anwesenheit von zwei Zeugen errichtet wurde, tatsächlich enthielt die Urkunde jedoch drei Zeugensignaturen und die Unterschrift des Erblassers war unleserlich. Nach Darstellung der Kläger verfügte der Erblasser nicht über ausreichende Kenntnisse der tschechischen Sprache und war zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung gesundheitlich so stark geschwächt, dass er weder schreiben noch wahrnehmen konnte.

https://www.zakonyprolidi.cz/judikat/nscr/21-cdo-2704-2017

 

21 Cdo 5238/2017

Bedeutung

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Tschechischen Republik bestätigt die Auslegung, dass § 1481 BGB auch auf Handlungen anwendbar ist, die vor Inkrafttreten des neuen Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgenommen wurden, sofern über den Fall unter Geltung der neuen Rechtsvorschriften entschieden wird.

Von erheblicher Bedeutung ist dabei die Auslegung des Begriffs der „Erbunwürdigkeit“ im Sinne des § 1481 BGB, wonach diese auch aus einem Verhalten abgeleitet werden kann, das nicht zu einer rechtskräftigen Verurteilung führte, wenn die Strafbarkeit durch tätige Reue entfiel.

Die Entscheidung definiert zudem die Grenzen der Anwendbarkeit der Aussetzung der Vollstreckbarkeit nach § 243 ZPO, insbesondere im Hinblick auf prozessuale Entscheidungen.

Dieses Urteil hat das Potenzial, die Praxis im Erbrecht sowie die Auslegung der materiellrechtlichen Folgen strafbaren Verhaltens gegenüber dem Erblasser maßgeblich zu beeinflussen.

Sachverhalt

Im Verfahren über den Nachlass der verstorbenen K. Č. (nachfolgend „Erblasserin“) entschied das Bezirksgericht Sokolov, A. F. wegen seiner Erbunwürdigkeit gemäß § 1481 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Gesetz Nr. 89/2012 Slg., nachfolgend „BGB“) vom Verfahren auszuschließen. Die Erbunwürdigkeit wurde daraus abgeleitet, dass A. F. in der Vergangenheit seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Erblasserin, seiner minderjährigen Tochter, nicht nachgekommen war. Es handelte sich dabei um ein vorsätzliches Verhalten, das den Tatbestand der Straftat der Vernachlässigung der Unterhaltspflicht hätte erfüllen können. Obwohl A. F. im Jahr 1985 vom strafrechtlichen Vorwurf freigesprochen wurde, erfolgte dies aufgrund tätiger Reue, also nachträglicher Begleichung der rückständigen Unterhaltszahlungen.

https://www.zakonyprolidi.cz/judikat/nscr/21-cdo-5238-2017

 

24 Cdo 614/2019

Bedeutung

Das Urteil des Obersten Gerichtshofs der Tschechischen Republik bringt eine Klärung der Voraussetzungen für die Anwendung des Instituts der Erbunwürdigkeit gemäß § 1481 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Insbesondere wird präzisiert, dass die vorsätzliche Straftat zu Lebzeiten des Erblassers begangen worden sein muss.

Ferner stellt das Gericht klar, dass ein nach dem Tod des Erblassers geführtes Strafverfahren wegen eines Vergehens des Diebstahls von Vermögen nicht für sich allein ein Hindernis für die Fortführung des Verfahrens über das Erbrecht darstellt.

Die Entscheidung betont zudem die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Verzeihung des beanstandeten Verhaltens durch den Erblasser.

Dieses Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die Auslegung der Erbunwürdigkeit und bietet eine wichtige Orientierung für vergleichbare streitige Fälle.

Sachverhalt

Im Nachlassverfahren nach dem Erblasser V. M., der am 26. April 2016 verstarb, machte der Kläger A. P. geltend, er sei testamentarischer Erbe aufgrund eines Testaments vom 10. April 2016, dessen Original sich in seinem Besitz befunden haben soll. Gemäß diesem Testament sollte A. P. Alleinerbe sein, während jedes der Kinder des Erblassers (die Beklagten J. M., M. M. und J. T.) lediglich jeweils 10.000 CZK erhalten sollte.

Das Original des Testaments wurde im Verlauf des Verfahrens jedoch nicht vorgelegt; der Kläger behauptete, es sei aus dem Haus des Erblassers entwendet worden. A. P. machte eine Reihe persönlicher Angaben zum Verhältnis mit dem Erblasser sowie zu dem Verhalten der Beklagten, das nach seinen Ausführungen als verwerflich zu bewerten sei.

Im Laufe des Verfahrens wurde gegen den Kläger wegen des fortgesetzten Vergehens des Diebstahls gemäß § 205 Abs. 1 und 3 des Strafgesetzbuches Anklage erhoben. Der Vorwurf betraf Vermögenswerte des Erblassers, die nach dessen Tod entwendet worden sein sollen.

https://www.zakonyprolidi.cz/judikat/nscr/24-cdo-614-2019¨

 

21 Cdo 171/2018

Bedeutung

Das Urteil des Obersten Gerichtshofs der Tschechischen Republik, bestätigt den strikten Anspruch auf die Einhaltung der formalen Anforderungen an eigenhändige Testamente im Sinne des § 476a des früheren Bürgerlichen Gesetzbuchs, insbesondere hinsichtlich der Datierung und der Unterzeichnung von Änderungen.

Die Entscheidung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Rechtssicherheit, indem sie klarstellt, dass auch inhaltliche Änderungen eines Testaments, die von der Erblasserin unmittelbar im Text vorgenommen werden, denselben formalen Anforderungen genügen müssen wie das ursprüngliche Testament selbst.

Das Prinzip der Testierfreiheit des Erblassers tritt in diesem Zusammenhang hinter dem Erfordernis des Schutzes der Rechtssicherheit durch formale Vorgaben zurück. Das Urteil hat erhebliche praktische Relevanz, da es die Grenzen der Zulässigkeit von Modifikationen eigenhändiger Testamente eindeutig absteckt.

Sachverhalt

Die Erblasserin L. F., verstorben am 19. September 2013, errichtete am 1. September 2004 ein eigenhändiges Testament, in dem sie unter anderem über Geldbeträge auf einem Sparbuch verfügte. In dem Testament wurden später Streichungen und handschriftliche Zusätze festgestellt, mit denen die Erblasserin die ursprünglich eingesetzte Erbin durch andere Begünstigte ersetzte: die Römisch-katholische Pfarrei – Propstei Mělník (400.000 CZK) und die Tschechische Caritas (300.000 CZK).

Diese Änderungen waren jedoch weder datiert noch von der Erblasserin unterschrieben. Die Kläger – die beiden genannten juristischen Personen – begehrten die Feststellung ihres Erbrechts und machten geltend, dass die Streichungen und Einfügungen von der Erblasserin selbst vorgenommen worden seien und dass das Fehlen von Unterschrift und Datum die Wirksamkeit der Änderungen nicht beeinträchtige.

https://www.zakonyprolidi.cz/judikat/nscr/21-cdo-171-2018